Zürich,
19. Oktober 2000/ms
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Kriminalpolizei
Herr Zünd
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Seelenlos und Ärger:
Razzia Klosbachstrasse 5 vom 5.9.2000
Sehr geehrter Herr Zünd
Die beiden obgenannten Herren
haben mich mit der Wahrung ihrer Interessen beauftragt. Sie erklärten
mir, dass sie wegen der Razzia vom 5.9.2000 jeweils mit Ihnen Kontakt
hatten, weshalb ich von Ihrer Zuständigkeit ausgehe.
Seit Jahren wohnen meine
Klienten an der Klosbachstrasse und kommen für alle Kosten auf.
Am 25. August 2000 läutete es unverhofft morgens kurz nach 08.00
Uhr an der Türe. Zwei Vermesser verlangten Eintritt, um auf dem
Dach Markierungen für den aufzustellenden Visiermast anzubringen.
Mein Klient bat die Herren,
sich doch zukünftig vorher schriftlich oder telefonisch anzumelden,
damit aufgrund der Terminabsprache jeweils auch sicher jemand im Hause
ist. Einer der Vermesser sicherte zu, diese Bitte weiterzuleiten.
Meine Klienten hörten
nichts mehr, bis sie am 5. September 2000 morgens durch Lärm
aus dem Schlaf gerissen wurden. Ihre Haustüre schien aufgebrochen
zu sein, im Eingang hörten sie Stimmen mit der Aufforderung:
"Aufmachen, Polizei, oder wir treten die Türe ein." Unverzüglich
flog diese auf. Es drangen ca. acht bis zehn Turicum-Beamte sowie
zwei zivile Polizisten in die Wohnung ein, forderten meine Klienten
auf, sich an die Wand zu stellen. Auf die
Frage nach einem Hausdurchsuchungsbefehl kam die Antwort: "Wir
brauchen keinen Hausdurchsuchungsbefehl."
Meine Klienten hatten sich
im Wohnzimmer aufzuhalten, wo sie auch bewacht wurden, währenddem
die Beamten im Haus ausschwärmten. Erst auf Nachfrage hin gab
ein herumstehender Beamter bekannt, sie hätten den Zugang des
Bautrupps zum Dach zu sichern.
Verschiedene
Gegenstände in der Wohnung wurden eingepackt, ein Beschlagnahmungsprotokoll
auch auf Aufforderung hin nicht erstellt. Ein Beamter fotografierte
in der Stube und dem angrenzenden Arbeitsraum.
Meine Klienten mussten ihren
Ausweis zeigen. Der Presseausweis von Herrn Ärger und der Pass
von Herrn Seelenlos wurden von den Beamten eingesteckt. Nach ca. einer
Stunde durften sich meine Klienten endlich anziehen. Bald darauf verliessen
die Beamten das Haus. Die beiden Bauarbeiter hatten in der Zwischenzeit
auf dem Dach den Visiermast errichtet.
Ca. zwei Stunden später
kehrten drei Polizisten an die Klosbachstrasse zurück. Sie händigten
meinen Klienten ihre Ausweise wieder aus, drangen aber erneut in das
Haus ein mit der Bemerkung: "Um nochmals einige Fotos zu machen".
Meine Klienten wurden im 1. Stock festgehalten, während ein Beamter
im Haus drin weiter oben fotografierte. Als einer meiner Klienten
ebenfalls Fotos machte, wurde ihm sein Film gegen Quittung abgenommen.
Wie meine Klienten erfuhren, wurde der Einsatz von Korporal H. geleitet.
Am Sonntagabend, 10. September
2000, kamen vier Polizeibeamte wieder an der Klosbachstrasse vorbei,
brachten den inzwischen von der Polizei entwickelten Fotofilm zurück,
ebenfalls die beschlagnahmte Videokassette. Gegen Quittung erhielten
meine Klienten diese Dinge zurück. Auf Frage hin, was mit den
andern beschlagnahmten Gegenständen sei, meinte Herr H., diese
seien der Fachgruppe Brand und Anschläge übergeben worden.
Am 13. September 2000 erfuhren
meine Klienten, dass die ganze Aktion erfolgt sei, weil die Eigentümerin
der Klosbachstrasse behauptet habe, den Bauarbeitern sei der Zutritt
zum Haus verweigert worden. Dies trifft eindeutig nicht zu.
Am 27. September 2000 konnten
meine Klienten zwei Schlagstöcke abholen. Der Rest sei im Büro
von Herrn H. von der Reinigungsequipe entsorgt worden. Die Fotos von
der Wandcollage im Wohnzimmer des 1. Stockes erhielten meine Klienten
zurück. Die Fotos über den Visiermast lagern als Beweis
noch bei der Polizei. Weitere Fotos seien nicht gemacht worden.
Wie Sie dem Sachverhalt
entnehmen können, verhielten sich meine Klienten äusserst
korrekt, bereits beim unangemeldeten Besuch der Vermesser am 25. August
2000. Auch ist es selbstverständlich, dass sie Fotos in ihrer
Wohnung machen können.
Ich bitte Sie, sich hinsichtlich
der gesetzlichen Grundlagen des Vorgehens am 5. September 2000 zu
äussern, insbesondere der
1. Hausdurchsuchung ohne
Hausdurchsuchungsbefehl;
2. der Mitnahme der Ausweise;
3. der Innenaufnahmen und
der Entwicklung des entsprechenden Filmes;
4. der Beschlagnahmung der
verschiedenen Gegenstände;
5. kein Beschlagnahmungsprotokoll
zu erstellen;
6. der Beschlagnahmung des
Filmes beim zweiten Vorbeikommen am 5. September 2000;
7. der Beschädigung
der Kleber am Briefkasten.
Zudem bitte ich Sie, mir
die Akten zur Einsichtnahme zuzustellen.
Mit freundlichen Grüssen
RA B. Hug
Beilage: Kopie Vollmacht
Kopie zur Kenntnis:
Kommando der Stadtpolizei Zürich, Polizeikaserne,
8004 Zürich