Kenntnis von Polizeieinsätzen an Parties? Repressalien
wegen Lautstärkeverbot? usw… Melde Deine Infos
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Niemand soll sagen können, man habe nichts gewusst!


Techno- und Dezibelzensur
in der Schweiz

 
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Anfang Mai 1996 erlangte das bis dahin überregional kaum bekannte Städtchen Wil im St. Gallischen über Nacht Berühmtheit. Sogar MTV war vor Ort. Wil war die erste Schweizer Gemeinde, die Techno-Parties bis auf weiteres offiziell verbot. Als Begründung nannten die lokalen Behörden wahlweise Mißachtung des Tanzverbots an Ostern, nicht existente Klagen wegen Nachtruhestörung sowie Schutz der Jugend vor Ecstasy. Die nächsten Wahlen sind nicht fern. Die mit absoluter Mehrheit amtierende katholische CVP fürchtet verstärkte Konkurrenz populistischer Rechtsaußenparteien und konnte sich mit der "Aktion TechNO" bei wankelmütigen Stammwählern erfolgreich profilieren. 

Dafür tolerierten die Stadtväter stillschweigend, daß in der betroffenen Location "Remise" die Raves einfach unter der (unverfänglicheren) Bezeichnung "House-Parties" weiterliefen. Die übergeordnete Behorde kritisierte zwar die fehlende Rechtsgrundlage für das Techno-Verbot, sah aber keinerlei Handlungsbedarf. Zwei weitere St. Galler Gemeinden zogen mittlerweile nach. In Gommiswald und Sargans sind weiterhin offizielle Techno-Verbote in Kraft. Wenige zu lachen haben die Betroffenen solcher Possen - Sargans hat die höchste Selbstmordrate unter Jugendlichen

Lautstärke-Gesetz:
Unfair und Diskriminierend

Die seit dem 1. April (!!!) in der ganzen Schweiz gültige Lautstärkebeschränkung ist ein schmerzhafter Tiefschlag speziell gegen die Techno-Kultur (siehe auch Forefront 4|96). Das Limit von 93 dB(A) bzw. 100 dB(A) mit Sonderbewilligung im Stundenmittel sind der Versuch, alle Musik zu verbieten, die lauter ist als Klassik oder Ländler. Eine Kanone (sagenhafte 187 dB am Standort der Bedienung!) oder ein startender Düsenjet sind energiemäßig über 1000 mal lauter als jeder Rave, 40 Schuß mit einem Sturmgewehr entsprechen 145 dB(A) während einer Stunde! (Jetzt hat der Leser aber was gelernt). Auch wenn bekannte Veranstalter wie Futurescope oder Tarot offentlich zu Protokoll geben, mit 100 dB(A) arbeiten zu konnen > die geile Bassdrum von früher war einmal. 

Zudem werden Techno, Hip Hop, Jungle etc. massiv diskriminiert. Relativ harmlose tiefe Bässe werden nämlich um über 8 dB mehr beschnitten, als sie überhaupt im Innenohr ankommen. Auf der anderen Seite kommen die bei Rock und Pop vorherrschenden extrem schädlichen oberen Mitten um über 8 dB zu gut weg! Und das Beste: DJs reißen wieder vermehrt die Höhen voll auf, um wenigstens ein bißchen Druck zu bekommen - zusätzliche Hörschäden inbegriffen. Hauptsache niemand mehr kann den Behörden vorwerfen, sie hätten nichts getan. 

Tanz-VERBOTE, Schikanen, Polizeieisätze 

In den Kantonen Bern und Waadt waren schon in den Jahren 94/95 Lautstärkegesetze in Kraft. Vor allem Techno-Veranstalter wurden verschärft kontrolliert und teilweise mit Bußen von bis zu mehreren Tausend Franken belegt, z.B. Masters of Art in Roggwil/BE, Inka Imperio in Yverdon/VD sowie eine Space-Party in Monteguy/VD. Bei Parties in Roggwil/BE macht sich übrigens die Kantonspolizei Aargau gemeinsam mit der Kantonspolizei Bern schon seit Jahren einen Spaß daraus, per Auto an- und abreisende Raver in den Ortschaften vor Roggwil herauszuwinken und mit Kontrollen (Personalien und Durchsuchung nach Drogen) zu schikanieren. 

Am Twilight-Zone-Rave Ende Mai 96 in Roggwil/BE waren die Behörden auch innerhalb des Areals verstärkt aktiv. Der Regierungsstatthalter höchstpersönlich sowie 5 Polizeibeamte in Zivil waren mit Dezibel-Meßgeräten unterwegs. Nachspiel No.1: Den Veranstaltern Masters of Art wurde umgehend die bereits erteilte Bewilligung für die Gabber G-2-Party entzogen. Der Anlaß mußte abgesagt werden. Nachspiel No. 2: Eine Buße in Höhe von etwa sFr. 2.500.- plus Staatskosten, gewürzt mit der Drohung unendlichen Bewilligungsentzugs. Im Falle eines Rekurses zudem Bewilligungsentzug bis zum Abschluß des Verfahrens. Der Family-Tribe-Rave vom 10. 8. wurde nur noch mit strengen Sonderauflagen bewilligt. 

Verfahren, Bußen, Anti-Techno-Gesetze etc. 

In der ganzen Schweiz existieren an religiosen Feiertagen zahlreiche Tanzverbote, die größtenteils noch aus den Zeiten von Zwingli-Calvin-Luther stammen, also aus dem 16. Jahrhundert. Trotzdem werden sie vermehrt angewendet. Im Kanton Zürich ist ein neues Gesetz für ein generelles Partyverbot in Waldern in Vorbereitung, Verzeigungen und Bußen nehmen zu. 

Beispiele im 1. Halbjahr '96: In Adliswil/ZH wurde eine Party die ganze Zeit grundlos von einem größeren Polizeiaufgebot bewacht, der Einsatz den Veranstaltern Sirius Project mit happigen sFr. 2.500.- in Rechnung gestellt. In Sihlwald/ZH wurde eine Party durch ein massives Polizeiaufgebot vor Ort verhindert. Die Veranstalter einer Party in Volketswil/ZH wurden zu sFr.1.900.- Buße und Gebühren verknurrt u. a. wegen Mißachtung des Tanzverbots

Zürich: Stadtrat verbietet Techno-Party ... 

… nach Streetparade. Auch in Zürich herrschen vermehrt zwinglianische Sitten > > nicht nur in Sachen Techno! Auch bei Ausstellungen, Videos, Theaterstücken und Performances haben Zensur und Verbote Hochkonjunktur. 1996 muß der Verein Street Parade Authorities mittlerweile zum dritten Mal die Kosten für die Reinigung übernehmen, obwohl die Stadt diese bei Anlässen von überregionaler Bedeutung anderen Veranstaltern erläßt. Die Street Parade wird jedoch vom Stadtrat als "hochkommerzieller Anlass" eingestuft. 1993 erschien gar die Polizei bei der "Energy" und beschlagnahmte die Abendkasse. Noch 1994 wollte Polizeivorstand Robert Neukomm die Street Parade wegen "Immissionen" kurzerhand verbieten und war erst in letzter Minute von diesem Vorhaben abzubringen. 1995 besetzte ein massives Polizeiaufgebot die Zürcher Allmend und versuchte die traditionelle Goa-Open-Air-Party im Anschluß an die Street Parade zu verhindern. Erst um Mitternacht kapitulierten die Beamten vor den zahlreich ausharrenden Ravern und gaben das Gelände frei. 

Im Frühling 1996 teilte das Büro von Polizeivorstand Neukomm den Veranstaltern mit, eine unbewilligte Veranstaltung wurde dieses Jahr keinesfalls mehr geduldet und polizeilich aufgelöst. Ein ordnungsgemässes Gesuch um eine Bewilligung hatte jedoch gute Chancen. Die Veranstalter, ein Zusammenschluß aus 7 Organisationen um Happy People Productions und Sirius Productions, nehmen auch an der Street Parade teil - entsprechend ihrem Kulturverständnis unsubventioniert & ohne Sponsoren. Sie sind deshalb darauf angewiesen, mit der anschließenden Party ihre Unkosten zu decken. Letztes Jahr hatten sie nicht zuletzt wegen der Polizeiaktion ein größeres Defizit. Nach internen Diskussionen einigten sie sich darauf, diesen Kompromiß einzugehen. Ein Trägerverein wurde gegründet und in Zusammenarbeit mit der Präsidialabteilung ein Konzept ausgearbeitet und eingereicht. Danach herrschte Schweigen im Walde. 

... und droht mit der Polizei! 

Umso erstaunter durften die Antragsteller drei Wochen vor der geplanten Veranstaltung am 18. Mai aus den Medien erfahren, der Stadtrat habe die Open-Air-Party verboten. Sie suchten darauf das persönliche Gespräch. Ein vereinbarter Termin mit SP-Stadtprasident Josef Estermann wurde von diesem in letzter Minute zuerst verschoben, dann definitiv abgesagt. Am selben Tag sagte Estermann an einer Pressekonferenz, die Veranstalter redeten nur über die Medien mit ihm und drohten mit Krawall. Für den Fall einer auffälligen Party stellte er ein großzügiges Polizeiaufgebot in Aussicht. Auch eine Petition, die innert 10 Tagen von über 5.400 Personen unterschrieben wurde, konnte ihn von dieser Haltung nicht abbringen. 

Da die Veranstalter keinen Krawall & keine Polizeieinsätze wollen, sondern in Frieden ihre Kultur leben wollten, erklärten sie sich bereit, auf stadteigenes Gebiet in Sihlwald auszuweichen, obwohl die Allmend idealer wäre. Zudem verlangt die Stadt in Sihlwald 10 Prozent des Umsatzes, und die Veranstalter müßen alle Bewohner des Dorfes, falls gewünscht, auf ihre Kosten in Hotels evakuieren. Der Stadtrat kündigte an, die Allmend werde ab Freitag von einem größeren Polizeiaufgebot besetzt und bewacht. 

Kurz und schlecht: Auch in Zürich kommen die nächsten Wahlen bestimmt. Die mit einer knappen Mehrheit amtierende rot-grüne Mehrheit im Stadtrat erhielt schon zeitig eine von 2.000 Personen unterzeichnete Petition des Quartiervereins Brunau, eine weitere Party unter allen Umständen zu unterbinden. Da die Allmend demnächst in eine Großbaustelle verwandelt wird mit massiven Lärmbelästigungen für die Anwohner während 300 Tagen im Jahr, ist die Situation gespannt. Letztes Jahr hatte es im Anschluß an die Open-Air-Party zahlreiche Lärmklagen gegeben. Ein Großteil der 2.000 Unterzeichnenden wohnt schätzungsweise in einer benachbarten Genossenschaftssiedlung und gehört zu den Stammwählern der Rot-Grünen, während Raver in der Regel aus Agglomerationsgemeinden kommen, noch nicht mündig sind oder eh nicht wählen gehen. Alles klar?

Seelenlos, SSI - DER KLEINE HIRNFICK, Zürich 
SSI, Pf 2122, CH-8031 Zürich


--> Fortsetzung: TECHNO-ZENSUR Teil 2




Grossrazzien in 2 Zürcher Klubs 3.12.05
S t r e e t   P a r a d e   2 0 0 4
Energy 1993
Steetparade 1994
BE & VD 94/95

Allmend  1995
Wil SG 1996
ZH 1996
Twilight Zone Mai 96

Allmend  1996
2 Monate unbedingt für Party ZH 2002
Sihlpapier 23.12.00
Sulzer-Hallen 15.9.01
Toulouse/Frankreich 24.5.01
Streetparade 2001
Zürifäscht 2001
Toni-Molkerei Juli 2003
Carhaix/Frankreich 18. /19.7.03
«SOKO Goa» D Sommer 2003
Street Parade 2003
Kibag-Areal 2003
Tunnel Bass 17.04.04



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No.  666

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