Seelenlos, Zelle 221A     
    c/o Flughafengefängnis, Abt. Strafvollzug, Postfach, 8058 Zürich-Flughafen    
       7. April 2000 
Merhaba  
(Türkisch: Ich grüsse dich, bzw Hallo)  

Heut morgen hab ich n Teil des Frühstücks beim Gurgeln gleich wieder ins Waschbecken gekotzt. Weiss schon, warum ich nachm Zähneputzen die Zunge nicht mehr schrubbe, doch dass nun schon Salzwasser ums Halszäpfchen reicht, stimmt mich nicht gerade fröhlich  

Wenigsten trotzdem im Hof n anständiges Fitnessprogramm hingekriegt, obwohl 07.45 h auch hier eigentlich nicht grad meine Zeit ist. Auch tippen ging flott, der Bezirksgericht- Prozess sollt morgen im Kasten sein  

Bloss meine Birne fühlt sich nach wie vor definitiv nicht an wie 3 Wochen drogenfrei. Manchmal hab ich das Gefühl, die tun da was ins Essen rein. Aber Schlafentzug ist bekanntlich auch ne harte Droge, und für sowas bin ich nunmal eher zu weich. Doch mitm Ziel vor Augen, halbwegs vernünftigem Frass und genügend trainieren kann ich damit umgehen. Mittlerweile n Sonntagsspaziergang im Vergleich zu 3. Woche Polen-Tour.   

Nachher dann das ganze Mittagessen lang den Kapo-Jungs zugucken wie sie ihre Transits schrubben. Seh ich immer gern, wenn sie mal richtig arbeiten müssen. Wenn ich gewusst hätt, dass sie das selber tun müssen, hätt ich womöglich schon öfters unauffällig in die Karre gerotzt  

Anschliessend überstürzen sich die Dinge, und ich verpasse voll wie das Kapo-Gruppen-Weichei nochmals mitm Schrubber drüber muss  

Zuerst trudelt die Wocheneinkaufsquittung ein: Nicht mein Kalkulationsfehler, das Salz hätt in der Limite bequem noch Platz gehabt. Schätz das war's dann. Mag's nicht gern, wenn meine Gutmütigkeit nicht nur dauernd strapaziert und offensichtlich falsch verstanden, sondern laufend geradezu krass missbraucht wird.   

Dann kommen Salbeigurgelzeug, Echinaceatropfen, Tees und Sojaflocken, letztere beide zwar höchstens die halbe Menge, dafür aber mehr als doppelt teurer, doch das geht gerade mal noch unter "normale" Schikane infolge vorgetäuschter Inkompetenz durch, und ich bin ja nicht kleinlich, so lange es mir wenigstens einigermassen gut geht  

Bei Gelegenheit seh ich da grad noch dein fettes Kouvert aufm Wägelchen, keine Ahnung, wann's gekommen wär, hätt ich nicht unaufgefordert danach verlangt. So wie der Typ n Gesicht zog, musst was supercooles drin sein, und der Schein trog nicht, oh nein, der Inhalt zauberte ein Smile auf mein Gesicht, dass mir jetzt noch die Wangen bis zu den Zahnwurzeln wehtun. Fotos, die Homepage und alles in Farbe! Hab's bestimmt schon 7 mal duchgekuckt, und morgen fang ich gleich wieder mit an. Die Bildkommentare sind einfach genial! So müsste das Leben immer sein! Da lass ich doch glatt den obligaten Nazi-Spruch am Ende weg.  

                   Cheers 
 

 
 
 
Fortsetzung ... 
 

No.  6'666'667
 
 
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